GEHEIMNISVOLLE BLUMENTIERE – SEEANEMONEN, SEENELKEN UND ANDERE
Video, Fotos und Reportage © H. Schulz
Was soll man jetzt draußen filmen, wenn es stürmt, regnet und dunkle Wolken die Sonne verdunkeln? Ich habe mich entschieden, ein Video im Multimar Wattforum in Tönning zu drehen. Dort, im Informationszentrum des Wattenmeer-Nationalparks, ist es gemütlich warm, und in den herrlich eingerichteten Aquarien lässt sich die wundersame Unterwasserwelt erleben.
Düsteres Kunstlicht, dicke Glasscheiben und zeitweise der Trubel durch Besuchergruppen machten auch diesen Dreh zum Abenteuer. Aber irgendwie klappt es dann doch immer wieder.
VIDEO (Geheimnisvolle Blumentiere)
Seenelken, Seeanemonen und andere Blumentiere bringen Farbe in die düstere Tiefe des Meeres. Die Nesseltiere leben von der Uferzone bis in die Tiefsee, ihre Artenvielfalt ist sehr groß. © H. Schulz Naturfilm, www.tierfilm.schulz-wildlife.de
REPORTAGE:
Geheimnisvolle Blumentiere – Seeanemonen, Seenelken und andere
Winter in Schleswig-Holstein. Trist liegt das platte Land unter dem düsteren Himmel. Der stürmische Wind peitscht weiße Schaumkronen über das bleigraue Meer. Aber ein paar Meter tiefer, versteckt in der rauen See, leuchten die felsigen Riffe in den Farben des Sommers. Wie üppige Blüten wiegen sich Seeanemonen sanft in der Strömung. Sie tragen Namen wie Seedahlie und Körnige Seerose, Erdbeerrose und Seenelke. Trotzdem sind sie keine Pflanzen. Die bunten Lebewesen, die hier im Dämmerlicht siedeln, gehören zu den Blumentieren.
In den Aquarien im Multimar Wattforum zeigen sich Seeanemonen auch dem Tauchmuffel in all ihrer Pracht. Aus den schlauchförmigen Körpern, die mit einer Fußscheibe am Boden haften, ragen am Kopfende zahllose Tentakel. Auf der Suche nach Beute tasten die Fangarme, die dicht mit Nesselkapseln besetzt sind, langsam durchs Wasser. „Seeanemonen ernähren sich von Schwebstoffen und Plankton“, erzählt Birger Kreutz, der Aquarienleiter des Nationalparkzentrums, „Aber an die größeren Individuen verfüttern wir auch mal ausgewachsene Garnelen“.
Die Blumentiere sehen zwar aus wie auf den Felsen festgewachsen. Aber mobil sind sie trotzdem. Sie können auf ihren Fußscheiben kriechen oder schlagen in Zeitlupe Purzelbäume. Birger Kreutz zeigt auf eine kleine Witwenrose, die eine Wasserschnecke als Taxi nutzt. Und dann verrät der Experte selbst die intimsten Geheimnisse der farbenprächtigen Nordseebewohner. Ihr Liebesleben ist eher öde: Die Eier werden außerhalb des Körpers im Wasser befruchtet. Und vom Fuß werden kleine Ableger abgeschnürt, die wieder zu kräftigen Seeanemonen heranwachsen. „Bei der Purpurrose dagegen nimmt das Weibchen den Samen des Männchens in sein Schlundrohr auf“, erklärt Birger Kreutz begeistert, „Dort entwickeln sich die befruchteten Eier, und die fertigen kleinen Blumentiere werden dann ausgespuckt“.
Fasziniert bestaunen die Besucher des Nationalparkzentrums die exotische Vielfalt. Ungläubig schüttelt so mancher den Kopf: „So was lebt wirklich in der Nordsee?“. Ein kleiner Junge drückt an einer dicken Aquariumsscheibe seine Nase platt. „Guck mal, die wird ja immer kleiner“, ruft er und zeigt auf eine Seenelke. Tatsächlich – ihr Strauß gelber Tentakeln schrumpft schnell zusammen und verschwindet schließlich ganz im Körper. Sie hat genug für heute. Nur der orangefarbene Stumpf bleibt zurück – schrumpelig und unansehnlich.
Infos zu „Seeanemonen“
Seeanemonen oder Seerosen (Actinaria) gehören, wie auch die Korallen, zu den Blumentieren (Anthozoa). Sie sind Hohltiere ohne Skelett. Mehr als 1000 Arten leben in allen Meeren und besiedeln Bereiche von der Brandungszone bis zu 10.000 Metern Tiefe. Seeanemonen ernähren sich von Plankton, Fischen und Krebsen.
Multimar Wattforum, Am Robbenberg, 25832 Tönning, Täglich geöffnet 10-17 Uhr (außer 24.12.), www.multimar-wattforum.de.
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