AUFBRUCH NACH AFRIKA – DER STORCHENSOMMER GEHT ZU ENDE
Video, Fotos und Reportage © H. Schulz
In dem schleswig-holsteinischen Dorf Bergenhusen, in dem ich wohne, brüten alljährlich bis zu 16 Storchenpaare. Ein Nest kann ich sogar sehen, wenn ich nur aus dem Fenster meines Büros schaue. Da ich mich auch als Biologe viele Jahre lang intensiv mit diesen Vögeln befasst hatte, lag es nahe, gelegentlich auch ein Video über die Störche zu drehen.
Störche brüten hoch oben auf den Dächern, man benötigt also lange Brennweiten, um die Vögel nicht gar zu steil von unten zu filmen. Mit dem 400er Tele an der XL2 geht das dann schon ganz gut. Im Dorf selbst sind die Vögel vertraut, man braucht nur ein wenig Zeit, um die verschiedenen Verhaltensweisen zu erwischen. Draußen auf den Wiesen, bei der Nahrungssuche, sind die Langschnäbel scheuer, aber mit Geduld kommt man auch dort zum Ziel. Die Aufnahmen entstanden im Sommer 2008. Jetzt, im März, kehren die ersten schon wieder aus den Winterquartieren zurück in unser Storchendorf. Die Kamera ist wieder bereit 😉
VIDEO
Der Sommer geht zu Ende, und die Weißstörche bereiten sich vor auf die lange Reise nach Afrika. In den Nestern machen die Jungen Flugübungen, und bald werden alle in Richtung Süden davonziehen. © H. Schulz Naturfilm, www.tierfilm.schulz-wildlife.de
REPORTAGE
Aufbruch nach Afrika – Der Storchensommer geht zu Ende
Seit Tagen schon trainieren die beiden Jungstörche für das große Abenteuer. Ausrichten gegen den Wind, die langen Flügel ausbreiten und dann kräftig schlagen. Übung macht bekanntlich den Meister. Immer höher erheben sich die Flugschüler über das Nest. Und dann wagt der erste den Jungfernflug. Elegant sieht das noch nicht aus. Die Beine baumeln nach unten, unsicher torkelt der Draufgänger durch die Luft. Vor dem Güllefass kriegt er grade so die Kurve. Hoppla, das war knapp. Drei Meter Gleitflug noch, und unversehrt, aber mit wackligen Beinen landet der Bursche auf dem Misthaufen.
Auch in den anderen Storchenhorsten in Bergenhusen werden die Jungen jetzt flügge. Ab Anfang August sind dann viele der großen Nester stundenlang verwaist. „Die meisten Jungstörche treiben sich jetzt in den Wiesen rund um Bergenhusen herum“, erzählt Kai-Michael Thomsen vom Michael-Otto Institut im NABU, „Dort lernen sie, selbst Nahrung zu erbeuten und machen sich fit für die weite Reise in den Süden“. Und tatsächlich, überall, wo gemäht wird, sind jetzt auch die halbwüchsigen Langbeiner zur Stelle. An den dunkel gefärbten Schnäbeln kann man sie gut von ihren Eltern unterscheiden.
Eigentlich war 2008 ein gutes Storchenjahr. Mit 16 Brutpaaren haben diesmal mehr Weißstörche in Bergenhusen genistet als in den 20 Jahren zuvor. So recht zufrieden ist der Storchenexperte des NABU trotzdem nicht: „Es gab nur 20 Jungstörche, das ist eigentlich zu wenig“. Die lange Trockenheit im Frühsommer, während der ersten Lebenswochen der Jungen, hat die Regenwürmer tief in den Boden vertrieben, und das Futter für die Langschnäbel wurde knapp. „Viele Küken sind deshalb verhungert und wurden von ihren Eltern aus den Nestern geworfen“, erklärt Kai-Michael Thomsen.
In der ersten Augusthälfte packt die großen Vögel das Reisefieber. Bei sonnigem Wetter segeln sie jetzt häufig in den Aufwinden über dem Dorf. Dann, gerade mal zwei Wochen nach ihrem waghalsigen Jungfernflug, sind die Jungstörche plötzlich verschwunden. Alleine haben sie sich auf den Weg nach Afrika gemacht – die Zugrichtung ist ihnen angeboren. Ihre Eltern verlassen Bergenhusen ein paar Tage später. Auf den reetgedeckten Dächern wird es ruhig. Der Storchensommer geht zu Ende.
Infos zu „Weißstorch“
Der Weißstorch (Ciconia ciconia) ist ca. 1 Meter groß und hat eine Flügelspannweite von bis zu 1,70 m. Weißstörche sind Zugvögel. Ihre Überwinterungsgebiete liegen in Ost- bis Südafrika und im westafrikanischen Sahel. In Deutschland brüten etwa 4000 Paare.
Michael-Otto-Institut im NABU, Weißstorchausstellung, Goosstroot 1, 24861 Bergenhusen, geöffnet vom 15. März bis 15. September, täglich 10 bis 18 Uhr, Führungen nach Anmeldung: 04885-570, www.bergenhusen.nabu.de
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