DIE KAMPFSTIERE DER CAMARGUE
Fotos und Reportage © H. Schulz
Stierkämpfe sind blutig, grausam und Tierquälerei? Meistens schon. Aber in der Camargue, im Süden Frankreichs, gibt es einen traditionellen Stierkampf, bei dem den Tieren kein Leid zugefügt wird. Der „Course Camarguaise“ ist ein Wettkampf zwischen der Kraft der Stiere und der Schnelligkeit der Männer. Für die Stierkämpfer endet der Kampf manchmal mit schweren Verletzungen. Die Tiere dürfen nach dem Kampf zurück auf die Weiden am Rand der Camargue, wo sie den Rest des Jahres unbehelligt leben.
REPORTAGE
Die Kampfstiere der Camargue
Cowboys im Süden Frankreichs? Die gibt es tatsächlich. Gardians nennen sich die mutigen Männer, die am Rand der Camargue die Kampfstiere hüten. Monatelang dürfen die schwarzen Kolosse unbehelligt auf den feuchten Brachen grasen. Sie sind wild, und sie lieben ihre Freiheit. Aber heute ist alles anders. Auf ihren stämmigen, weißen Pferde, in einer Hand den obligatorischen Dreizack, umkreisen die Gardians im wilden Galopp das Meer aus schwarzen Leibern und spitzen Hörnern. Mit waghalsigen Manövern trennen die Reiter einzelne Tiere von der Herde. Den wütenden Attacken der Stiere weichen sie mit blitzschnellen Wendungen aus.
Ein Hauch von Wildwest in der Provence – Alltag für die Züchter der Camargue-Stiere. Die wehrhaften Hornträger verbringen ihr ganzes Leben im Freien. Ihre Nahrung besteht aus Kräutern und natürlichen Gräsern. Das Fleisch dieser Tiere ist deshalb begehrt, und viele enden im Schlachthof. Unsere Stiere dagegen bleiben am Leben. Sie sind inzwischen auf dem Weg nach Beaucaire. In dem mittelalterlichen Städtchen steht die Fiesta vor der Tür – und voller Spannung erwarten die Menschen den traditionellen Stierkampf der Camargue.
Am nächsten Tag ist es so weit: Der „Course Camarguaise“ hat begonnen, die Arena von Beaucaire ist bis auf den letzten Platz besetzt. Unten, im staubigen Rund, traktiert ein Kampfstier mit seinen Hufen wütend den Sand. Die Scheinangriffe der zwölf weiß gekleideten athletischen Männer machen ihn nervös. Plötzlich stürmt einer der Burschen, der „Raseteur“, unvermittelt auf den Stier zu. Der erkennt die Gefahr und greift ebenfalls an. Und dann geht alles ganz schnell. Mit dem „Crochet“, einer kleinen Metallkralle, berührt der Raseteur im Sprint die spitzen Hörner des Stiers, und die winzige Wollquaste, die dort festgebunden war, trudelt zu Boden. Tosender Beifall brandet auf, während der Mann zur rettenden Bretterwand flüchtet. Der rasende Stier bleibt ihm dicht auf den Fersen. Nur noch Millimeter sind die gefährlichen Hörner entfernt, als der Bursche mit einem gewaltigen Satz über die Schutzwand springt, hinein in das jubelnde Publikum.
Das war knapp! Nicht immer gehen die Kämpfe so glimpflich ab. So mancher der tollkühnen Läufer wird von seinem gefährlichen Gegner mit den Hörnern durchbohrt. Die Stiere dagegen überstehen das archaische Kräftemessen für gewöhnlich ohne Blessuren – nach der Fiesta winkt ihnen die Rückkehr in die Sicherheit der Herde.
Infos über die „Camargue-Stiere“
Camargue-Stiere werden für die „Courses Camarguaises“, die unblutigen Stierkämpfe der südfranzösischen Camargue, gezüchtet. Sie sind kleiner als spanische Kampfstiere, aber wendig und schnell, und sie haben lange, lyraförmige Hörner.
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