DORSCH ODER KABELJAU – DARF MAN DIESEN FISCH NOCH ESSEN?
Video, Fotos und Reportage © H. Schulz
Der Dorsch oder Kabeljau, einst ein „Allerweltsfisch“, ist in Nord- und Ostsee selten geworden. Kann man ihn dann noch guten Gewissens essen? Im Großaquarium des „Multimar Wattforum“ in Tönning habe ich die großen Fische gefilmt, und am Hafen von Eckernförde habe ich den Fischern beim Verkauf ihres Fangs zugeschaut. Dr. Meurs, der Leiter des Nationalparkzentrums, hat mir erzählt, worauf man beim Kauf der schmackhaften Speisefische achten muss.
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REPORTAGE
Darf der Dorsch noch auf den Teller?
Jetzt, gegen Ende des Winters, ist Dorschsaison auf den Lofoten. Aus der eisigen Barentsee sind riesige Kabeljauschwärme vor die nordnorwegische Küste gezogen. Auf den Fischkuttern herrscht Hochbetrieb, und an Land wird der Fang zu Filets oder Stockfisch verarbeitet. Die Kinder haben schulfrei – für einen Aushilfsjob der besonderen Art: Sie schneiden die Zungen aus den Mäulern der gefangenen Dorsche und verdienen sich damit ihr erstes Geld. In Norwegen gelten Dorschzungen als Delikatesse. Und auch in manchem Gourmetrestaurant in Frankreich steht die bizarre Spezialität auf der Karte.
Die etwa 40 Dorsche im Multimar Wattforum, dem Nationalparkzentrum in Tönning, dürfen ihre Zungen behalten. Ruhig ziehen die bis zu 60 cm großen Fische im neuen Großaquarium ihre Runden. „Unsere Tiere sind noch lange nicht ausgewachsen“, erklärt Dr. Gerd Meurs, der Leiter des Multimar Wattforums, „Dorsche erreichen eine Länge von eineinhalb Metern und mehr. In einigen Jahren wird man hoffentlich auch in unserem Aquarium solche Riesen bewundern können“. In freier Natur leben Dorsche in Tiefen bis zu 600 Metern. Am Meeresgrund erbeuten sie Würmer, Schnecken, Krebstiere und kleine Fische.
Noch vor etwa 50 Jahren schien der Reichtum an Kabeljau, wie der Dorsch im Nordatlantik heißt, unerschöpflich. Für die Seefahrer im Mittelalter war Stockfisch als „Dauerkonserve“ das täglich Brot. Inzwischen jedoch geht es dem ehemaligen Allerweltsfisch an den Kragen. Vor allem in der Ostsee ist er durch industrielle Überfischung und Schwarzfischerei bedroht. Auch der Klimawandel setzt den Fischen zu: Das Meer wird wärmer, aber für ihre Brut benötigen die Dorsche kalte Gewässer.
Darf dann der Dorsch überhaut noch auf den Teller? Die wichtigsten Fanggründe liegen heute im Nordatlantik vor Island und Grönland. „Dort sind die Bestände noch nicht gefährdet“, weiß Dr. Gerd Meurs, und er fügt hinzu: „Trotzdem sollte man beim Kauf von Meeresfischen auf das Gütesiegel MSC (Marine Stewardship Council) achten“. Es stellt sicher, dass die Tiere aus nicht überfischten Gebieten stammen und nicht zu klein sind, und dass sogenannter „Beifang“ von Meeresschildkröten, Delfinen und Haien weitgehend vermieden wird. Auch der umweltbewusste Gourmet kann solch ein Dorschfilet guten Gewissens genießen.
Infokasten „Dorsche“
Der Kabeljau oder Dorsch (Gadus morhua) lebt im gesamten Nordatlantik, in der Nord- und Ostsee und im Nordpazifik. Auch zahlreiche andere wichtige Speisefische gehören zur Familie der Dorschartigen, wie Köhler, Leng, Schellfisch und Alaska-Seelachs. Die meisten Dorschartigen besitzen einen ausgeprägten Kinnfaden.
Nationalparkzentrum Multimar Wattforum, Am Robbenberg, 25832 Tönning, Täglich geöffnet 10-17 Uhr, ab 1.4. wieder 9-19 Uhr, http://www.multimar-wattforum.de
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