PAPAGEITAUCHER – AUF DEN VOGELFELSEN DER LOFOTEN
Fotos und Reportage © H. Schulz
Auf einer winzigen Insel im Nordmeer, weit draußen vor der Südspitze der Lofoten, hat ein Fischkutter uns am kiesigen Strand abgesetzt. Das Geschrei tausender Seevögel begleitet uns, als wir die steilen Hänge hinauf aufs Plateau des Felsens klettern. Dort oben brüten die Papageitaucher, und die wollen wir beobachten und fotografieren. Es sollte ein spannender Tag werden, in dieser „Stadt der Seevögel“, deren Schreie für keine Sekunde verstummen. Wir sind ihnen nahe gekommen, den putzigen „Clowns der Meere“. Und ihren Mitbewohnern, den Tordalken, Trottellummen und Gryllteisten.
REPORTAGE
Papageitaucher – Die Clowns der Meere
Vor einer knappen Stunde hat uns der Fischer mit seinem Kutter am steinigen Ufer der menschenleeren Insel abgesetzt. Seitdem klettern wir, begleitet vom Geschrei abertausender Seevögel, durch eine rutschige Geröllrinne nach oben. 200 Meter über der Brandung, auf dem grünen Plateau des schroffen Felsklotzes, sind wir endlich im Reich der Papageitaucher. Mit tiefen, knarrenden Rufen empfangen uns die Clowns der Meere. Schwarz befrackt, mit strahlend weißer Brust, knallroten Füßen und einem klobigen, bunten Schnabel wirken sie wie Exoten in dieser kargen Einöde vor der Nordküste Norwegens.
Hier, am äußersten Ende der Lofoten, auf den 360 Inselchen des Røst-Archipels, versammeln sich Papageitaucher zur Brutzeit in riesigen Kolonien. Fratercula arctica, „Arktisches Brüderchen“, haben Wissenschaftler die kleinen Kobolde getauft. Sie nisten in Höhlen, die sie selbst in den grasbewachsenen Boden oberhalb der steilen Vogelfelsen graben. Wie ein Schweizer Käse ist die dünne Erdschicht durchlöchert, und vor den zahlreichen Höhleneingängen herrscht ständiges Kommen und Gehen.
Gut zu Fuß sind die schmucken Vögel nicht. Eher unbeholfen watscheln sie auf ihren kurzen Beinchen umher. Aber wer läuft schon viel, auf einem Vogelfelsen, wo gerade mal genug Platz ist zum Stehen? Und ihre Nahrung erbeuten die Papageitaucher ja schließlich im Meer. Bei der Jagd unter Wasser nutzen die Fischjäger die kurzen Flügel als Flossen. Geschickt erbeuten sie Sandaale, kleine Heringe und andere Wassertiere. Jedes Fischchen wird sofort quer in den Schnabel gepackt, mit der Zunge kräftig gegen den rauen Gaumen gedrückt – und weiter geht’s zum nächsten Fang. Der Jagdausflug soll sich ja lohnen. Zehn Fische und mehr tragen die Vögel im Schnabel, die wir bei der Ankunft an den Nesthöhlen beobachten.
Fast hätten wir die dunklen Wolken, die sich am Horizont zusammenbrauen, zu spät bemerkt. Höchste Zeit für die Rückkehr, denn bei Regen wird der Abstieg lebensgefährlich. Unser Fischkutter wartet bereits, als wir endlich den Strand erreichen. Während sich das bullige Schiff stampfend durch die starken Strömungen zur Hauptinsel Røstlandet kämpft, schwärmen noch immer Scharen von Seevögeln vom Vogelfelsen aufs Meer und zurück. In wenigen Wochen jedoch wird die Kolonie der Papageitaucher verwaist sein. Den Winter verbringen die Clowns der Meere fern vom Land – in den Weiten der stürmischen See.
Infos über „Papageitaucher“
Papageitaucher (Fratercula arctica) gehören zur Familie der Alkenvögel (Alcidae). Sie sind etwa taubengroß. Ihre Brutgebiete liegen an den Küsten Nordamerikas und –europas sowie auf den Inseln im nördlichen Atlantik. Die meisten Papageitaucher leben auf Island. Dort und auf den Färöern werden die Vögel noch heute gefangen und gegessen.
Kommentar verfassen