SEEHASEN HABEN KEINE LANGEN OHREN
Video, Fotos und Reportage © H. Schulz
Im Helgoland-Becken des Nationalpark-Zentrums Multimar Wattforum in Tönning sind sie alle versammelt: Geheimnisvolle Fische, stachlige Seeigel, farbenfrohe Seeanemonen und andere Bewohner des Meeres vor Helgoland. Auch die kuriosen Seehasen. Mit ihrem Saugnapf kleben sie auf den Felsen, und wenn sie sich dann lösen, torkeln sie unbeholfen durch’s Aquarium. Mit meiner Kamera habe ich die komischen Fische beobachtet.
VIDEO
REPORTAGE
Seehasen – Mit Saugnapf und Kaviar am Meeresgrund
Da sitzt er also, der Seehase im Multimar Wattforum bei Tönning. Wie angenagelt klebt er auf dem rostroten Felsen im Themenbecken „Helgoländer Felssockel“. Lange Ohren hat der komische Fisch nicht, und trotz seines Namens auch keine Hasenbeine. Die wulstigen Lippen öffnen sich in regelmäßigem Rhythmus und pumpen Wasser durch die Kiemen. Irgendwie missmutig schaut der Bursche drein. Vielleicht liegt das ja daran, dass er zur Fischordnung der Panzerwangen gehört. Aber auch das ist schließlich nicht seine Schuld.
Seehase? Da war doch was. Ach ja: Seehasenrogen. Das sind doch die winzigen schwarzen Kügelchen, die in kleinen Gläsern im Kühlregal der Supermärkte stehen. „Deutscher Kaviar“ steht auf den Etiketten. Und als solcher zieren die mit Salzlake behandelten und schwarz gefärbten Eier des Seehasen so manches Büfett. Bis zu 140.000 Eier produziert ein Seehasen-Weibchen pro Jahr, genug für 700 g „Kaviarersatz“. Das Fleisch der Weibchen ist wenig schmackhaft, das der Männchen dagegen gilt, geräuchert, gesalzen oder getrocknet, als Delikatesse. Zumindest in Island, aber dort mag man ja auch sauer eingelegte Hammelhoden.
Endlich kommt Bewegung in den Langweiler im Helgoland-Becken. Schwerfällig löst er sich vom Fels, und mit beängstigender Schwanzlastigkeit fächelt er sich aufwärts, dreht sich und zeigt schließlich seinen Bauch. Dort, wo bei Fischen normalerweise die Brustflossen sitzen, hat der Seehase dicht hinter der Kehle eine große Saugscheibe. Die braucht er auch, denn da er, im Gegensatz zu den meisten anderen Fischen, keine Schwimmblase zur Regulierung des Auftriebs besitzt, muss er sich an Felsen festsaugen. Schon der alte Brehm stellt in seinem „Tierleben“ fest, dass 36 kg Gewicht erforderlich waren, um einen nur 20 cm großen Seehasen von seinem „Sitzplatz“ loszureißen.
Angler bekommen den bis zu 70 cm großen Fisch nur selten zu Gesicht. Das liegt wohl hauptsächlich daran, dass er sein Leben am Grund des Meeres in Tiefen von mindestens 50 Metern fristet. Dort ernährt er sich von kleinen Fischen, Krebschen, Würmern und Quallen. Sicher fühlen kann er sich aber auch in seiner dusteren Welt nicht: Für Robben ist der unbeholfene Schwimmer allemal ein Leckerbissen – ob mit oder ohne „Kaviar“.
Infos zu „Seehase“
Der Seehase (Cyclopterus lumpus), ein Fisch aus der Ordnung der Panzerwangen, wird bis zu 70 cm groß und kann bis zu 3 kg wiegen. Seehasen sind weit verbreitet in den Meeren der nördlichen Hemisphäre und leben in Wassertiefen von 50 bis 850 m. Sie ernähren sich von anderen Fischen, Krebschen, Schnecken und Quallen.
NICHT VERWECHSELN: Der Kalifornische Seehase (Aplysia californica) ist kein Fisch, sondern eine skurril anmutende Meeresschnecke, die bis zu 75 cm lang wird und zur Abwehr von Feinden eine giftige Tinte ausstoßen kann.
Nationalpark-Zentrum Multimar Wattforum, Am Robbenberg, 25832 Tönning, Öffnungszeiten: ganzjährig täglich geöffnet (außer 24.12.), 1.4. bis 31.10. von 9-19 Uhr, 1.11. bis 31.3. von 10-17 Uhr, www.multimar-wattforum.de
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