VOGELFORSCHUNG MIT HINDERNISSEN
Fotos und Reportage © H. Schulz
Ein trockener Knall tönt über das Tal. Der Schuss reißt mich unsanft aus dem Schlaf. So nah an der Grenze zum Jemen sind Scharmützel zwischen Drogenschmugglern und der saudischen Polizei nicht selten. Die Sonne geht bereits auf – schnell raus aus dem Schlafsack. Die Strohhütten im Dorf gegenüber leuchten golden im warmen Licht, und die Bäume unten im Tal werfen lange Schatten. Über den steinigen Boden bewegt sich eine Schar dunkler Punkte. Ein schneller Blick durch das Fernrohr, und schon bin ich glockenwach. Die ersten Perlhühner sind unterwegs – meine Forschung kann endlich beginnen.
In Afrika gibt es Perlhühner fast überall – in 6 verschiedenen Arten. Auf der Arabischen Halbinsel jedoch sind sie selten. Nur im äußersten Südwesten kommen sie vor, in drei abgelegen Tälern. Unsere Expedition soll klären, wie viele Individuen des Helmperlhuhns Numida meleagris hier, im Wadi Juwa, noch leben. Vielleicht handelt es sich sogar um eine endemische Unterart, die nirgendwo sonst existiert. Vom Ausguck hoch über dem Tal habe ich den kargen Lebensraum der Perlhühner perfekt im Blick: Die kleinen Felder sind von Dämmen gesäumt, die den seltenen Regen sammeln und so den Anbau von Hirse ermöglichen.
Mehr als 30 Perlhühner haben sich inzwischen im Tal versammelt. Im Fernrohr kann ich die Tiere in allen Details betrachten. Der plumpe, schwarz befiederte Körper ist von kleinen, weißen Punkten dicht übersät. Über dem lächerlich dünnen Hals thront der helmbewehrte Kopf, und unter dem Auge hängt ein nackter, leuchtend blauer Hautlappen. Hektisches Gackern tönt zuweilen zu mir herauf, der Kontaktruf der geselligen Vögel. Mit pickenden Bewegungen streifen die Perlhühner im Vorbeigehen den Tau von den Pflanzen. Hier, am Rand der Wüste, wo offenes Wasser eine Seltenheit ist, zählt jeder einzelne Tropfen.
In einem der Felder im Tal baue ich ein Fangnetz auf. Um zu erforschen, ob die arabischen Perlhühner wirklich so speziell sind, muss ich die Vögel vermessen und wiegen. Im heißen Versteckzelt warte ich schwitzend auf meine Chance. Ein paar Perlhühner wagen sich schließlich heran. Feuer: Mit einem Donnerschlag öffnet die Luftdruckkanone das Netz. Ein guter Schuss – aber die Vögel sind schneller. Mit empörtem Gackern machen sie sich aus dem Staub. Vielleicht klappt es ja beim nächsten Versuch. Und die Perlhühner? Die haben wohl erst Mal die Nase voll – und an meiner Forschung sind sie eh nicht interessiert.
Holger Schulz
Bergenhusen, 1. August 2011
Kommentar verfassen