VON JAGDPAPAGEIEN UND FLINTENSPANNERN
Foto und Reportage © H. Schulz
Frühling in der „Dänischen Südsee“, der Inselwelt südlich von Fünen. Auf Ærø ergrünen die Knicks, und aus zahllosen Blüten leuchtet der Weißdorn. Am Boden zwischen den Hecken meldet sich mit rauem, metallischem Krächzen ein Fasan zu Wort. Weithin hörbar verkündet sein Ruf, dass dieses Revier besetzt ist. Dann schreitet der Hahn in all seiner Pracht selbstbewusst hinaus aufs offene Feld. Blutrot leuchten die angeschwollenen „Rosen“, die nackten Hautstellen an den Seiten des Kopfs. Die spitz zulaufenden Schwanzfedern, fast doppelt so lang wie der Körper, wippen waagrecht bei jedem Schritt.
Ursprünglich waren die prächtig gezeichneten Hühnervögel in Asien zu Hause, zwischen Schwarzem Meer und China. Als Ziervögel und wegen ihres wohlschmeckenden Fleisches wurden Fasane jedoch bereits in der Antike nach Südeuropa gebracht. Im Mittelalter hat man sie, vor allem als Jagdwild, auch in nördlicheren Regionen Europas eingebürgert. Heute leben Fasane in einem breiten Gürtel fast um die gesamte Erde. Der in Mitteleuropa lebende „Jagdfasan“, gezüchtet in Brütereien und ausgewildert in der Kulturlandschaft, ist eine bunte „Mischung“ aus verschiedenen Unterarten. Im ursprünglichen Verbreitungsgebiet macht er inzwischen sogar den Wildpopulationen Konkurrenz.
Die Vögel, die der Heidedichter Hermann Löns einst despektierlich als „Jagdpapageien“ abstempelte, gehören heute zum beliebtesten Jagdwild. Das edle Waidwerk treibt dabei teils seltsame Blüten: Wer ein paar Tausend Euro übrig hat, der kann in exklusiven Jagdlodges den Abschuss von Fasanen mit einem Luxuswochenende kombinieren. 200 bis 500 Vögel pro Tag sind einer Jagdgesellschaft garantiert, inklusive nobler Unterkunft im Schloss, 3-Gänge-Gourmet-Menü und anderer standesgemäßer Extras. Im Süden Englands treibt man es auf die Spitze: Ganze Landgüter wurden zu „Jagdparadiesen“ umgestaltet, und so mancher Waidmann überlässt dort rein gar nichts dem Zufall: Während er schießt, lädt ein „Flintenspanner“ die zweite Waffe und sorgt für den reibungslosen Ablauf des Dauerfeuers. Solch fragwürdiger „Sport“ funktioniert nur deshalb, weil Tausende in Volieren aufgezogene Fasane als „Flintenfutter“ ausgesetzt werden.
In Ærø kommt mein Fasanenhahn seinem Ziel inzwischen näher. Am Rande des gegenüberliegenden Knicks treibt sich eine Henne herum. Unscheinbar braun ist sie gefärbt und im dichten Unterholz kaum zu erkennen. Ihren Verehrer versetzt die Fasanendame trotzdem in Aufregung. „Göö-göck“ – mit stolz geschwellter Brust schreit der Hahn seine Sehnsucht hinaus, begleitet von geräuschvollem „Flügelpurren“. Er scheint fest entschlossen, auf natürliche Weise für Nachwuchs zu sorgen.
Holger Schulz
Bergenhusen, 24.4.2011
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