ORANG-UTANS, DIE „WALDMENSCHEN“ VON BORNEO
Video, Fotos und Reportage © H. Schulz
Sie sind gut drauf, die Orang-Utans im Tierpark Hagenbeck. Tuan, der 10-jährige Affenmann, zeigt oben zwischen den Bäumen sein Geschick als Hochseilartist. Mit atemberaubender Gelenkigkeit turnen seine Kumpels durch das Gewirr aus Tauen und Ästen. Die Affenmütter sorgen sich liebevoll um ihren Nachwuchs, und die Halbstarken bringen mit allerlei Unsinn die Besucher zu Lachen. Bei den Dreharbeiten im Orang-Utan-Haus von Hagenbeck habe ich die Zeit vergessen.
VIDEO
REPORTAGE
Orang-Utans – Showtime bei den „Waldmenschen
Tuan ist genervt. Die Menschen da draußen haben nur noch Augen für das Junggemüse, das durch die Anlage tobt und allerlei Unsinn treibt. Das muss sich ändern. Nachdenklich kratzt sich der Orang-Utan-Mann am Kinn, dann hat er eine Idee. Behende richtet er sich auf, und mit schlenkernden Armen marschiert er zum nächsten Baum. Mit wenigen Schwüngen ist er hoch oben. Und dann balanciert der Affen-Macho mit weit ausgebreiteten Armen freihändig über das lange Tau, das zum nächsten Baum gespannt ist. Als er drüben ankommt, braust Beifall aus der Besuchermenge. Mit stolzgeschwellter Brust blickt Tuan auf sein Publikum. Na also, geht doch.
Saskia Pietron kennt die Eigenarten all ihrer Schützlinge. Über den 10-jährigen Affenmann amüsiert sie sich jedes Mal wieder: „Tuan braucht immer Aufmerksamkeit: Hallo, hier bin ich, ich bin der Macho, ich bin der Mann in der Gruppe, ich bin toll, ich bin hübsch“. Dabei muss der sympathische Angeber erst noch in seine Rolle als Zuchtmann hineinwachsen. Normalerweise werden männliche Orang-Utans im Alter von 8-11 Jahren geschlechtsreif. „Aber Tuan ist eine Handaufzucht“, weiß die Tierpflegerin, „Da kann das etwas länger dauern“.
Der Name Orang-Utan stammt aus dem Malaiischen und bedeutet „Waldmensch“. In ihrer Heimat, den Regenwäldern Borneos und Sumatras, sind die langhaarigen Affen durch Abholzung der Urwälder vom Aussterben bedroht. In der wunderschön bewachsenen Kuppel der Orang-Utan-Anlage im Tierpark Hagenbeck dagegen fehlt es ihnen an Nichts. Unermüdlich und mit schlafwandlerischer Sicherheit turnen die 4 Halbwüchsigen durch das Gewirr von Seilen und Ästen oder schlagen Rad und rollen sich um die eigene Achse über den Boden. Die hübsche Mokko, die immer so melancholisch dreinschaut, hat es in Wirklichkeit faustdick hinter den Ohren. Der vierjährige Kejutan pinkelt mit Vorliebe seinen schlafenden Kumpels von einem höhergelegenen Ast aus auf den Kopf. Und Oma Bella, 47 Jahre alt, lässt es langsam angehen und betrachtet das Treiben mit weisem Blick.
Eine der Affendamen stochert mit einem Grashalm in einem kleinen Gitter, das in einen Baum eingelassen ist. Dann zieht sie den Halm heraus und schleckt ihn genüsslich ab. „Da sind kleine Babyflaschen dahinter, in denen ist mal pürierte Banane, mal Zuckerrübensirup oder Griesbrei mit Kakaopulver, alles, was lecker schmeckt und süß ist“, erklärt Saskia Pietron. Überhaupt können sich die Orangs über ihre Verpflegung nicht beklagen. Morgens um 7 Uhr gibt’s erst mal eine Banane und eine Tasse Früchte- oder Fencheltee, etwas später Gemüse zum Frühstück, und abends eine große Portion Obst. Genug für alle, da kann man auch mal teilen. „Einmal saß Tuan abends mit seinem Futter in der Box und hat mich mitleidig angeschaut“, erzählt Saskia Pietron, „Und dann hat er mir von seinem Futter ein Stück nach dem anderen rausgereicht. Er wollte einfach lieb sein“.
Tierpark Hagenbeck, Lokstedter Grenzstraße 2, 22527 Hamburg, ganzjährig täglich ab 9 Uhr geöffnet, www.hagenbeck-tierpark.de
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